Gemeinwesenarbeit
Ein Zeitstrahl
Toynbee Hall
Das erste Settlement "Toynbee Hall" wird in London gegründet.
Hull House
Das Hull House bot - praktische Hilfen wie Volksküche, medizinische Versorgung, Unterkünfte - Bildungsarbeit z.B. Sprachkurse, Bürgerrechte, Reformkindergarten - Kulturelle Amgebote : Theateraufführungen, Museumsgründungen - Initiativen im Bereich der Stadtplanung, z.B. zur Verbesserung von Infrastruktur (Müllabfuhr) - politische Einmischung auf Basis von Pionierarbeiten in der Sozialforschung bis heute bietet
Settlementbewegung USA ,D
Ab 1880: Junge Akademiker*innen ziehen aus religiösen und humanitären Gründen in Armen- und Arbeiterviertel, die von Massenverelendung, menschenunwürdigen Arbeits- und Wohnverhältnissen und einer starken Polarisierung der Klassen geprägt sind. Sie leben und arbeiten dort und erlernen Kenntnis/Verständnis für die vorherrschenden Lebenssituationen. Die Settlements werden zu sozialkulturellen Zentren, in denen den Bewohner*innen neben klassischer Bildung, Wege zur Selbsthilfe und die Vorzüge von Gemeinschaftsarbeit aufgezeigt werden. Zu den Bekanntesten zählen Toynbee Hall in East London, England und Hull House in Chicago, USA. Die Soziale Arbeitsgemeinschaft (SAG) Berlin-Ost, gegründet 1911kommt dem Settlementgedanken am nächsten.
Volksheim Hamburg
deutsches Settlement
Soziale Arbeitsgemeinschaft (SAG) Berlin-Ost
Das vom Theologen Friedrich Siegmund-Schultze und seiner Familie gegründete Settlement im einem Arbeiterviertel von Berlin gilt als Vorläufer der Gemeinwesenarbeit in Deutschland. Hauptziel sollte es sein, eine Arbeitsgemeinschaft zwischen Arbeiter*innen und gebildetem Bürgertum zu entwickeln, mit Hilfe persönlicher Freundschaft, Wohlfahrtspflege und Bildung. Hauptaugenmerk lag auf der Gemeinschaft. Dafür sei es nötig, die Wirklichkeit kennen zu lernen, was zunächst durch die Analyse der gesellschaftlichen Strukturen und deren jeweilige Auswirkung auf die persönlichen Lebenslagen von Menschen passieren sollte. Nach der Erkenntnis der erschwerenden Umstände, sollte dann gemeinsam für Gerechtigkeit gekämpft werden, so Sigmund- Schultze. Neben einem Knabenclub, Jugendgerichtshilfe und Rechtsberatung, gab es ab 1913 eine Frauenkolonie mit einer Geschäftsstelle, Klubzimmer, Mädchenclubs, Bildungs- und Beratungsmöglichkeiten bezüglich Familie und Erziehung.
Reformkräfte der kommunalen Fürsorge und der freien Wohlfahrtspflege
Vorläufer von Gemeinwesenarbeit : Reformkräfte wie Alice Salomon und Marie Baum (ausführlicher behandelt im Padlet für Persönlichkeiten der Sozialen Arbeit) plädieren für die Einbeziehung gesellschaftlicher Zusammenhänge in das planvolle soziale Handeln, gegen die Beschränkung auf den Einzelfall sowie für die Förderung nachbarschaftlicher Selbsthilfe und die quartiersbezogene Koordination von Hilfsangeboten.
Community Organizing (CO) USA
Community Organizing entwickelt sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA in Folge der Settlements als Sozialprogramm das neben der Kooperation von Hilfsangeboten für die gemeinsame, organisierte Arbeit an den Problemen einer Community steht. Allgemein gesprochen meint CO ,dass durch professionell unterstütztes , Bürger*innen einbeziehendes, kollektives Handeln, soziale Veränderungen erwirkt werden sollen. Als Grundlage dient ein basisdemokratisches Ideal. Zielsetzungen und Vorgehensweisen waren dabei sehr unterschiedlich ausgeprägt und lassen sich daher in 3 Modellen unterscheiden : Community Development, Sozialplanung und Soziale Aktion. Soziale Aktion, häufig auch Community Organization genannt, wird häufig mit Saul D. Alinksy zusammengebracht, von dem wir bereits bei Persönlichkeiten der Sozialen Arbeit gehört haben. Ziel der Sozialen Aktion war im Sinne des kollektiven Handelns, lokale politische Kräfteverhältnisse durch öffentlichkeitswirksame, teils provokative, konfliktorientierte Aktionen zu verändern. Alinksys Schriften, die sozusagen zur sozialen Revolution aufrufen, inspirieren ab den 1970ern deutsche Gemeinwesenarbeiter*innen, hierzu mehr im Abschnitt "Wilde Zeit" Community Organizing gilt bis heute als "zentraler inhaltlich- methodischer Bezugspunkt für eine emanzipatorische, basisorientierte und strukturbezogene Soziale Arbeit bzw. Gemeinwesenarbeit" (Stövesand, 2013, S.52). Vor allem der Fundus an Verfahren und Erfahrungen zur Mobilisierung und Aktivierung von Menschen und das solidarische Handeln zur Überwindung von gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, ist der deutschen Entwicklung der Gemeinwesenarbeit dienlich.
Politische Stadtteilarbeit
Vorläufer der Gemeinwesenarbeit: Die Kommunistische Partei Deutschlands macht Stadtteilarbeit
Nationalsozialismus
Während der NS Zeit werden die Settlements in Deutschland zerschlagen. Aktivist*innen der Ansätze von Wohlfahrtspflege müssen emigrieren, werden teilweise verfolgt und in Konzentrationslagern untergebracht. Nach Ende des NS wird nicht an die Tradition der Settlements angeknüpft.
Import Ansätze GWA aus Niederlanden,USA
GWA als 3. Methode der Sozialen Arbeit
Mit dem schrumpfenden Wirtschaftswachstum und schlechter werdenden Lebensbedingungen Mitte der 1960er wächst die Aktivität von Gemeinwesenarbeit. Gründe hierfür sind bspw. - Steigende Anforderungen an die Soziale Arbeit:weder die materiellen, noch die methodischen Mittel reichen aus, den größer werdender Bedarf an sozialer Hilfe zu decken Die Probleme werden komplexer, die zur Verfügung gestellten Gelder weniger. Methoden der Gemeinwesenarbeit sind billiger und angemessener als bisherige Einzellfallhilfe. - Kritik an Gesellschaft und an traditioneller Sozialarbeit, da diese “...sich in keiner Weise um die Ursachen sozialer Probleme kümmerte, lediglich als nachgängige Instanz an den Symptomen einzelner Menschen herumdokterte, nicht einmal ansatzweise das Lebensumfeld der Menschen einbezog und keinerlei präventive Aktivitäten zur Vermeidung sozialer Notlagen entwickelte“ (Hinte 2018, S. 207) --> in Folge dessen fordern Sozialarbeiter*innen neue professionelle Strategien es entstehen neue Handlungsfelder in Richtung quartiersbezogener Arbeit: - Obdachlosensiedlungen: v.a. kirchliche, freie Träger beginnen mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ - Neubausiedlungen: GWA der Kirchen durch Gemeindeaufbau sowie Intitiative von Kommunalverwaltungen, als Umsetzungsmethode für Neubaugebiete: Als grundlegende Methoden dienen die aktivierende Befragung, die Bildung von „Intergruppen“ und Fachausschüsse.
Die Wilde Zeit der GWA
Einfluss der Studentenbewegung der 1970er : Ansichten : soziale Arbeit zur Gesellschaftsveränderung, Anwendung radikaler Praktiken Gemeinwesenarbeiter*innen erkennen gesellschaftliche Verursachungszusammenhänge sozialer Not, vor allem durch die widersprüchlichen kapitalistischen Versprechungen, die große Teile der Bevölkerung in Bereichen Arbeit, Wohnen, Erziehung und Umwelt schädigen. Vorbild Saul D. Alinksy für deutsche GWA in folgenden Prinzipien: - Selbstorganisation der Bevölkerung - Beachtung der Machtfrage in einer demokratischer Gesellschaft bei Erreichen von Zielen - Notwendigkeit einer überregionalen Organisation GWA in Deutschland ist aber nicht grundsätzlich kritisch, bis heute bestehen zwei unterschiedliche Ansätze: - systemkritisch, konfliktorientiert, teils sozialrevolutionär politische GWA: Widerstand von unten, aus Quartieren heraus - staatstragend, harmonisch, pragmatisch-manageriell GWA durch nachbarschaftliche Hilfe, Selbsthilfe
Von der Methode zum Arbeitsprinzip
Infolge der Weltwirtschaftskrise, der "Ölkrise" 1973 werden zahlreiche sozial- und bildungspolitische Reformen und mit ihnen große GWA-Projekte zurückgenommen, was auch zahlreiche Einschränkungen und Berufsverbote innerhalb der GWA zur Folge hatte. Innerhalb des Verbandes kritischer GWAler*innen wird GWA als Methode sogar für tot erklärt, genannt werden Begründungen wie ein "Allzuständigkeitswahn", eine "Profilneurose" von GWAler*innen, sowie "methodische Schwäche"und "politische Disziplinierung" (vgl. Oelschlägel, 2013) Dennoch bleiben GWA Kompetenzen wie Sozialraumorientierung(siehe auch unter "Sozialraumorienetierung), eine ganzheitliche Problembeachtung, Vernetzung und Aktivierung als Elemente professionellen sozialen Handelns erhalten. Was 1980 dazu führt, dass bspw. Boulet, Kraus und Oelschlägel GWA ab diesem Zeitpunkt als allgemeines Arbeitsprinzip definieren, als Grundsatz der das Handeln in verschiedenen Arbeitsbereichen leiten sollte.
Konzept Stadtteilorientierung/Sozialraumorientierung
Die Sozialraumorientierung (zunächst Stadtteilorientierung) als das relevanteste Konzept der 1980er Jahre, kann als Weiterentwicklung der GWA als Arbeitsprinzip verstanden werden und stellt dann einen konzeptuellen Hintergrund, eine Arbeitsgrundlage für verschiedene Felder der Sozialen Arbeit, vor allem aber der Kinder- und Jugendarbeit dar. Dabei geht es weniger um pädagogische Absichten, Menschen zu verändern, sondern deren Lebenswelten so zu gestalten, dass sie auch in teilweise prekären Lebensräumen zurechtkommen. Hier zeigt sich, dass die Hinwendung zum Alltag und der Lebenswelt ( Hans Thiersch) auch ihren Niederschlag als Leitkonzept in der GWA gefunden hat. Ein wichtiges Prinzip für Sozialarbeiter*innen die nach diesem Konzept arbeiten: Aktivierung ist hier wichtiger als betreuende Tätigkeit, das Selbsthilfepotential der Menschen soll gefördert werden.
Quartiersmanagement
Im Zusammenhang mit Diskussionen der 1990er bezüglich der Segregation einzelner Stadtteile wurden erst von einzelnen Ländern, später vom Bund Programme zur sozialen Stadtentwicklung eingeführt, die im folgenden unter dem Begriff "Quartiersmanagement" geführt werden. Das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt – Investitionen im Quartier“ versteht unter Quartiersmanagement den systematischen Aufbau selbsttragender und nachhaltig wirksamer Strukturen in einem Wohngebiet, die zur Verbesserung der Lebensverhältnisse beitragen. Ansätze von GWA als Arbeitsprinzip lassen sich im Quartiersmanagement zum Beispiel bei den Anliegen finden, durch Projekte die Bewohnerschaft zu aktivieren und durch Vernetzung der Aktivitäten ein integriertes Leben im Quartier zu befördern.
8. Internationale Konferenz für Sozialarbeit
Community Organizing/Community Development wird als Gemeinwesenarbeit in deutschen Fachkreisen als eigenständige Methode Sozialer Arbeit aufgenommen